13.06.2023 | letzte Änderung: 20.08.2024 | globaleyez GmbH
Haben Sie schon von SHEIN gehört? Wenn nicht, werden Sie es vielleicht bald tun. Dieses in Singapur ansässige Online-Modeunternehmen hat vor kurzem eine globale Expansion gestartet, die auch die USA erreicht hat.
Der am 4. Mai 2023 in den USA eingeführte globale Marktplatz von SHEIN wurde im April 2023 zunächst in Brasilien gestartet und soll nun weltweit ausgebaut werden. Neben den eigenen Markenprodukten von SHEIN steht der Marktplatz auch lokalen und globalen Drittanbieter:innen aus der Mode- und Beautybranche offen.
Screenshot der Startseite von us.shein.com
Neben einem Ort auf dem Marktplatz verspricht SHEIN seinen Vertriebspartner:innen auch, sie in eigenen On-Demand-Produktionskapazitäten einzuführen und ihnen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie mit dem Geschäftsmodell von SHEIN Erfolge erzielen können.
Sky Xu, Chief Executive Officer von SHEIN, erklärte: „Indem wir neue Anbieter auf den SHEIN Marketplace bringen, die unserer Vision entsprechen, die Schönheit der Mode für alle zugänglich zu machen, schaffen wir einen Mehrwert für unsere Kundschaft und ermöglichen gleichzeitig lokalen Unternehmen, mit uns zu wachsen" (aus dem Englischen übersetzt von globaleyez).
Das 2008 gegründete Unternehmen SHEIN (ursprünglich ZZKKO) begann als Online-Händler für Damenmode, insbesondere für Brautkleider. Zunächst beschränkte sich das Unternehmen darauf, Produkte chinesischer Hersteller:innen zu beschaffen und an internationale Kund:innen weiterzuleiten.
Später wurde SHEIN auch in das Design und das Branding der Kleidungsstücke einbezogen. Dank des Aufschwungs, den die COVID-19-Pandemie dem E-Commerce gab, ist das Unternehmen schnell an die Spitze der Fast Fashion gelangt.
Heute konkurriert SHEIN mit globalen Fast-Fashion-Unternehmen wie Zara und H&M und bringt jede Woche etwa 2.000 neue Produkte auf seinen Marktplatz.
Ein weiterer wichtiger Faktor für den Erfolg von SHEIN ist die Fähigkeit des Unternehmens, mit dem Wandel der Sozialen Medien zu gehen und sich an die Nutzer:innen beliebter Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube zu wenden. Kein Wunder, dass der Marktplatz das von Social Media Plattformen verwendete Kachelformat übernommen hat und mit häufigen Sonderaktionen Kund:innen anlockt.
Screenshot von zufälligen SHEIN-Angeboten auf us.shein.com
Neben Damen-, Herren- und Kinderbekleidung bietet der Marktplatz auch Beauty-Produkte, Sport-Accessoires und Strandbekleidung an.
SHEIN-Produkte sind nur online erhältlich, über die Website oder die mobile App von SHEIN. Das Unternehmen ist überaus erfolgreich: 2022 meldete es einen Umsatz von 22,7 Mrd. $, während es 2021 „nur“ 15,7 Mrd. $ waren. Das Wachstum setzte sich 2023 mit einem Umsatzanstieg um 43 % auf 32,5 Mrd. $ fort.
Derzeit ist SHEIN der zweitgrößte Online-Modehändler mit einem Umsatz von 7.867 Millionen Euro hinter jd.com (13.782 Millionen Euro), gefolgt von vip.com (5.968 Millionen Euro) und zara.com (5.859 Millionen Euro) im Jahr 2021.
Die SHEIN-App war 2022 die am häufigsten heruntergeladene App in ihrer Kategorie, und ihre Nutzer:innenbasis stieg in nur einem Jahr von 43,7 auf 74,3 Millionen. Im Jahr 2023 wuchs die Nutzer:innenbasis erneut auf 88,8 Millionen. Die meisten Nutzer:innen kommen aus Indien, Saudi-Arabien, Mexiko, Brasilien und den USA, aber SHEIN ist fast überall auf der Welt verfügbar. Das Unternehmen verfügt über Büros und Lager an mehreren Standorten, wobei das jüngste im Mai 2023 in Dublin eröffnet wurde.
Interessanterweise konzentriert sich SHEIN nur auf den internationalen Handel und verkauft nicht an Kund:innen in China.
Wenn Sie an Mode denken, haben Sie wahrscheinlich das Bild eines glänzenden Ladens voller glamouröser Produkte im Kopf und nicht das einer gigantischen Müllhalde voller ausrangierter Kleidung. Leider ist das Letztere die direkte Folge des Ersteren, vor allem, wenn es um Fast Fashion und ihre jüngeren Geschwister, die Ultra Fast Fashion und die Real-Time Fashion geht.
Fast-Fashion-Unternehmen wie H&M und Zara produzieren in einem alarmierenden Tempo neue Kleidung. Der Verbrauch von Kleidungsstücken hat sich seit 2000 mehr als verdoppelt und liegt jetzt bei 80 Milliarden Stück pro Jahr. Die Verlockung von Fast Fashion: trendige Kleidung zu einem erschwinglichen Preis.
Screenshot von zufälligen Produktangeboten auf us.shein.com
Leider geht dieser Anstieg mit einem Rückgang der Lebensdauer von Kleidungsstücken einher: Im Allgemeinen wird ein Kleidungsstück 36 % kürzer getragen, bevor es durch ein neues ersetzt wird. Kein Wunder: Trends ändern sich schnell, und da die Qualität von Fast-Fashion-Kleidung oft minderwertig ist, ist es für die Verbraucher:innen sinnvoller, ihre veraltete, beschädigte Kleidung wegzuwerfen und neue zu kaufen.
Folglich steigt die Abfallmenge der Fast Fashion rapide an (92 Millionen Tonnen pro Jahr!), ganz zu schweigen von den unglaublich hohen Umweltkosten der Produktion selbst. Dazu gehören die übermäßige Nutzung und anschließende Verschmutzung von Wasser sowie die doppelte Menge an CO2, die durch den Luft- und Schiffsverkehr insgesamt erzeugt wird.
Und schließlich dürfen wir auch die schlechten Arbeitsbedingungen nicht vergessen. Fast Fashion-Kleidung wird oft in Sweatshops hergestellt, wo Menschen für extrem niedrige Löhne in ungesunder Umgebung arbeiten. Bei der Produktion werden oft giftige Chemikalien verwendet, die sogar in das süße kleine Kleidungsstück gelangen können, das Sie zum Schnäppchenpreis gekauft haben.
Es hat sich herausgestellt, dass “schnell” für das 21. Jahrhundert nicht schnell genug ist, und so wurden Ultra-Fast und Real-Time Fashion geboren. Während Fast-Fashion-Unternehmen etwa 12-20 Kollektionen pro Jahr herausbringen und meist in stationären Geschäften präsent sind, haben sich Ultra-Fast-Fashion-Unternehmen wie Asos ins Internet verlagert und präsentieren wöchentlich neue Kollektionen.
Dann gibt es noch die Real-Time Fashion, angeführt von SHEIN, wo die Verbraucher:innen fast jeden Tag neue Styles bekommen können. Und bei dem Preis, zu dem sie angeboten werden, warum nicht?
Screenshot von us.shein.com/daily-new.html mit Anzeige der Neuzugänge
Angesichts der wachsenden Nachfrage nach einer nachhaltigeren Weltwirtschaft haben in letzter Zeit auch Fast Fashion-Unternehmen versucht, auf den Zug der Nachhaltigkeit und des Umweltbewusstseins aufzuspringen. Leider fallen viele von ihnen in die Kategorie „Greenwashing“ - sie versuchen den Kund:innen vorzugaukeln, dass sich das Unternehmen um mehr Nachhaltigkeit bemüht, obwohl sie in Wirklichkeit nicht viel tun.
Mit seinem rasanten Produktionstempo und seiner schnell wachsenden Reichweite scheint SHEIN einen wesentlichen Beitrag zu den Problemen zu leisten, die durch Fast Fashion entstehen. Dies ist jedoch nicht das einzige Problem des Marktplatzes.
+++ Update Sommer 2023 +++
Menschenrechts- und Klimaaktivist:innen in Frankreich haben eine Kampagne gegen SHEIN gestartet. Sie behaupten, das Geschäftsmodell des Unternehmens fördere den übermäßigen Konsum und verschmutze die Umwelt mit Mikroplastik. Darüber hinaus sind die Aktivist:innen besorgt über die schlechten Arbeitsbedingungen, die SHEIN seinen Textilarbeiter:innen bietet.
Ziel der Kampagne ist es, strengere Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf Marketing und Werbung von Marken zu schaffen, die den übermäßigen Konsum fördern. Außerdem sollen Marken, die mehr als 1.000 neue Artikel pro Tag auf den Markt bringen, gesperrt oder delisted werden (also aus dem Google-Index ausgeschlossen werden). SHEIN veröffentlicht bis zu 10.000 Artikel pro Tag.
Kontroversen um IP-Rechte sind für SHEIN keine Seltenheit. Marken wie Dr. Martens, Levi's und Stussy haben Klage gegen SHEIN eingereicht, weil ihre Produkte gefälscht wurden. Nachahmungen wie die roten Stiefel in den Screenshots unten finden auch ihren Weg in SHEINs Katalog.
Mit dem Aufkommen von Drittanbieter:innen auf der Plattform wird die Zahl der Verletzungen von IP-Rechten voraussichtlich noch weiter steigen.
+++ Update Herbst 2023 +++
Der schwedische Fast-Fashion-Händler H&M hat eine Klage gegen SHEIN wegen Verletzung des Urheberrechts erhoben. H&M behauptet, dass SHEIN mehrere seiner Modedesigns ohne Erlaubnis kopiert und verwendet hat, darunter solche für Badeanzüge, Pullover und Hemden. Obwohl die Klage bereits im Jahr 2021 eingereicht wurde, wurde sie erst öffentlich bekannt, als im Sommer 2023 Fotos von der Verhandlung an die Presse gelangten.
Der Fall könnte ein Präzedenzfall für europäische Modeunternehmen werden. Wie wir bereits erwähnt haben, haben mehrere westliche Marken wie Zara und Ralph Lauren bereits Alarm geschlagen, weil SHEIN ihre Designs kopiert, aber H&M ist die erste große europäische Modemarke, die den chinesischen Einzelhändler vor Gericht bringt. Der Ausgang des Verfahrens könnte ein Meilenstein im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen durch chinesische Einzelhändler:innen in Europa werden.
Trotz der Urheberrechtsschutzpolitik von SHEIN kann es vorkommen, dass Marken gefälschte oder ähnlich aussehende Versionen ihrer Produkte auf dem Markt finden. Glücklicherweise ist der Online-Markenschutz bereit für diese Herausforderung.
Unabhängig davon, wie schnell SHEIN neue Produkte auf den Markt bringt, erkennt das Marktplatz Monitoring von globaleyez potenziell IP-rechtsverletzende Angebote in kürzester Zeit. In ähnlicher Weise findet unser Image Monitoring gestohlene oder kopierte Bilder im Internet sowie auf Social Media Plattformen - ein wichtiger Ort für SHEIN, um neue Kund:innen zu gewinnen.
Mit einem Testkauf können Sie wichtige Informationen über die Verkäufer:innen und die Herkunft der Produkte sammeln, was besonders wichtig ist, wenn es sich um schwer fassbare Drittanbieter:innen handelt.
Schließlich können wir Ihre Rechte durchsetzen und dafür sorgen, dass die rechtsverletzenden Inhalte aus dem Verkehr gezogen werden.
Die Probleme der Fast Fashion lassen sich nicht von heute auf morgen lösen: Wir brauchen faire und globale Lösungen für diese ernsten, übergreifenden Probleme. Angepasste Konsumraten, verstärktes Recycling und umweltfreundlichere Produktionsmethoden sind unerlässlich, um die durch Fast Fashion verursachte soziale und ökologische Krise einzudämmen.
Glücklicherweise sind IP-Verletzungen in der Fast Fashion-Branche viel einfacher zu handhaben. Setzen Sie sich mit uns in Verbindung und lassen Sie uns gemeinsam den schnellsten und effizientesten Weg finden, um die IP-Probleme Ihrer Marke zu lösen!